Ich habe eine Persönlichkeit, ein Ego – aber ich bin beides nicht. Ich habe einen Körper, der Gedanken, Gefühle, Empfindungen generiert. Manchmal reisst es mich mit in diesem Sturm in meiner Innenwelt, aber die Sicht wird immer klarer: Auch das bin alles gar nicht ich. Ich bin lediglich der Erfahrer, der Beobachter. Das Bewusstsein, das über all dem steht. Plötzlich sehe ich die falsche Identifikation, die Illusion. Was mal ein schräges Konzept war, weil nicht fassbar für den rationalen Verstand, wird auf einmal offensichtlich.

Es mag mich aus der Bahn werfen, aus der Ruhe bringen, und das kann sich mitunter unangenehm oder anstrengend anfühlen. Aber ich kann es so sein lassen, die Verstrickung damit lösen, immer wieder in die Rolle des Beobachters gehen – über dem Schlachtfeld dieser Welt. Dorthin, wo alles Wissen und alle Hilfe zur Verfügung steht. Dorthin, wo ich mich wieder als Teil des grossen Ganzen wahrnehme, wo ich erkenne, dass ich nichts alleine machen muss; dass ich gar nichts alleine machen kann.

In diesen Momenten klarer Sicht, in diesen Momenten von Verbundenheit, verliert die äussere Welt jegliche Boshaftigkeit, jegliche Gefährlichkeit. Weil die Trennung von Innen und Aussen aufgehoben ist, erkenne ich ausschliesslich mich selbst in dieser Welt. Das einzige mögliche Böse oder Gefährliche bin ich plötzlich selbst – verbunden mit der Möglichkeit, mich für eine Alternative zu entscheiden: In jedem Moment, in dem ich mir selbst begegne und den Angriff sein lasse, weil ich weiss, dass ich in Wahrheit nur mich selbst angreife; ein Bild, das ich selbst erschaffen habe.

Ich allein bin die Ursache meiner Welt. Und das Aufwühlen meines Innenlebens zeigt mir, wo noch lieblose, trennende Gedanken aktiv sind, wo ich Idolen und Zielen in der Welt nachjage. Wenn ich diese Dinge loslasse, dann verändert sich die Welt. Wenn ich mir vergebe für alles, was ich erschaffen habe, löst sich die alte Welt vor meinen Augen auf. Weil ich dann nicht mehr in der Wirkung lebe, sondern zur Ursache geworden bin. Mit Zugang zu Kräften und Fähigkeiten, die meine eigenen weit übersteigen. Ich bin dann nur noch der Kanal, das Mittel. Das Werkzeug, durch das die höhere Kraft wirken kann, sodass wir gemeinsam an dem arbeiten können, was wir uns vorgenommen haben. So werde ich wieder zum Licht, das ICH BIN.

Tagebuch-Text vom 6. September 2022.